Das Münchner Startup Icaros entwickelt Fitnessgeräte, die Sport mit Virtual Reality verbinden. 200 solcher Maschinen konnte das Unternehmen bisher an Fitnessstudios und Unterhaltungszentren verkaufen. Ein Gerät für Heimanwender soll Anfang 2018 erscheinen.
Johannes Scholl glaubt, dass man mehr Menschen zum Sport animieren kann, indem man die Leibesübungen mit Mechaniken moderner Videospiele verbindet. “Gamification” nennt man dieses Phänomen, bei dem alltägliche Tätigkeiten um Spielelemente angereichert werden, um diese motivierender zu gestalten.
Scholl ist Mitgründer von Icaros, einem Unternehmen, das diesen Effekt im Bereich des Körpertrainings fruchtbar machen will, indem es Fitnessgeräte mit VR-Spielen kombiniert. Um die von Icaros entwickelte Maschine zu verwenden, legen sich Anwender bäuchlings auf das Gerät, setzen sich eine VR-Brille auf und umklammern mit ihren Händen die beiden Griffe.
In der Realität bewegen sie die Maschine mit der Kraft ihrer Arme und Beine, in der Simulation tauchen oder fliegen sie durch eine virtuelle Welt. Mit Knöpfen, die in den Griffen integriert sind, können sie auf Ziele feuern. “Es gibt nichts Vergleichbares, das du im Fitnessstudio machen kannst”, sagt Scholl gegenüber Bloomberg.
Pokémon Go als Vorbild
Ein besonders populäres Beispiel für Gamification ist Pokémon Go, das Millionen Menschen dazu bewegt hat, etwas zu tun, was sie sonst nicht tun würden: vor die Haustüre zu gehen, um ihre Umgebung zu erforschen. Remco Polman, Professor für Sport und Ernährungswissenschaften an der Queensland University of Technology, begrüßt dies zwar, steht Gamification selbst aber kritisch gegenüber.
“Das Problem ist, dass du die Tätigkeit nur solange ausübst, wie eine Belohnung winkt”, sagt Polman. “Weshalb solltest du damit fortfahren, wenn du alle Pokémon gesammelt hast?” Polman hält es für klüger, wenn Menschen den Reiz einer sportlichen Betätigung in ihr selbst zu suchen finden, indem sie zum Beispiel in der Natur, statt in einer Halle Sport treiben. Nur so sei sichergestellt, dass man über einen längeren Zeitraum sportlich aktiv bleibt.
Geräte der zweiten Generation sind in Entwicklung
Icaros’ Fitnessgerät kostet 10.000 US-Dollar inklusive Lieferkosten. 200 Stück wurden bisher an Fitnessstudios und Unterhaltungszentren auf der ganzen Welt verkauft. Fitnessgeräte der zweiten Generation befinden sich in Entwicklung. Mit diesen soll man gezielter die Ausdauer trainieren und Muskeln aufbauen können. “Die aktuelle Maschine ist eher für die Balance und Koordination gedacht”, sagt Scholl. Ebenfalls entwickelt wird eine Version für Heimanwender, die 2.000 US-Dollar kosten wird und Anfang 2018 erscheinen soll.
Shuhei Miyajima ist ein Personal Trainer in einem Tokioter Fitnessstudio. Letzten August hat er seinen Chef davon überzeugt, ein solches Gerät anzuschaffen. Miyajima sagt, dass sich die anfängliche Begeisterung bei den Kunden mittlerweile gelegt habe. Die Besucher des Fitnessstudios würden die Maschine nur noch ein- oder zweimal im Monat verwenden. Der Grund: Sie kennen die beiden Simulationen, die das Gerät bietet, bereits in- und auswendig.
Aus diesem Grund will Icaros Kunden demnächst neue Inhalte für die Maschinen zur Verfügung stellen. Noch in diesem Monat soll ein Weltraumspiel für das Gerät erscheinen. Außerdem werden externe Entwickler bald Inhalte für die Maschine entwickeln können.
Quelle: VRODO