Die virtuelle Realität (VR) eröffnet für das Handwerk ganz neue Möglichkeiten. Vor zwei Jahren stieß Lars Bubnick, Geschäftsführer vom Fleischerverband Bayern, auf die VR-Brillentechnologie, die dort in einem anderen Gewerbe zum Einsatz kam. Das inspirierte ihn, diese Technologie auch für die Nachwuchswerbung im Fleischerhandwerk einzusetzen, vor allem für Ausbildungsmessen.
Es ist herausfordernd, auf Messen live zu demonstrieren, wie Fleisch verarbeitet wird, unter anderem wegen der Hygienevorschriften, die eingehalten werden müssen. „Aus diesem Grund haben wir als Verband entschieden, einen VR-Leberkas-Simulator zu entwickeln“, erzählt Lars Bubnick. Die Idee war, auf spielerische Weise Interesse bei den jungen Leuten zu wecken und sie so am Messestand zu halten. Finanziell unterstützten K+G Wetter und Avo das Projekt, konzeptionell eine Agentur aus Innsbruck. Der erste Entwurf war schon fast perfekt. Innerhalb eines halben Jahres stand der VR-Leberkas-Simulator und konnte zu seinem ersten Einsatz.
Die vielen Besucher auf den Ausbildungsmessen waren direkt begeistert und zeigten großes Interesse. Der Simulator erfüllte mehr als alle Erwartungen. „Wir möchten damit zeigen, dass man im Fleischerhandwerk kreativ sein kann und es keine Grenzen gibt, Neues auszuprobieren“, erklärt Bubnick. Die Jugendlichen waren fasziniert von der Möglichkeit, virtuell ihren eigenen Leberkäse zu produzieren, indem sie mit unterschiedlichen Zutaten kreativ wurden. Wichtig zu erwähnen ist, dass die jungen Leute nicht nur unterhalten werden, sondern bei der Simulation auch etwas lernen. „Zum Beispiel warum Eis im Herstellungsprozess von Fleischwaren so wichtig ist. Das kann man parallel dazu erklären und hat neben dem Spaß auch noch einen Lerneffekt.“
Die Kosten für das technische Tool, welches aus der Software und der VR-Brille mit Joysticks besteht, beliefen sich auf rund 25.000 Euro. „Zu sehen, wie die jungen Leute am Messestand Schlange stehen, um was beim Metzger machen zu dürfen, ist das Geld dreimal wert“, schwärmt Bubnick, der während des Gesprächs auf einer Ausbildungsmesse in Bayern war, bei dem der Simulator ebenfalls heiß begehrt war. Dass die Technologie gut ankommt, zeigt auch die hohe Nachfrage der Verbände, wie Bubnick berichtet. „Allein in Bayern haben wir mittlerweile vier VR-Brillen und die sind restlos ausgebucht.“
Ziel des Projekts sei es nicht Ausbildungsverträge zu generieren, das wäre zu weit gegriffen, findet Bubnick. „Vielmehr geht es darum zu zeigen, wie technisch modern wir sind und wie hochtechnologisch der Beruf des Metzgers ist. Die meisten Jugendlichen finden unser Tool cool und hätten das vom Fleischerhandwerk nicht erwartet.“
Seit Herbst 2023 bietet der Fleischerverband Bayern den VR-Leberkas-Simulator bundesweit für Ausbildungsmessen an. Die Fleischerverbände können den Simulator bestellen und ihren Mitgliedsbetrieben für die Ausbildungsmessen in ihrer Region kostenlos zur Verfügung stellen. Es ist Teil der neuen Nachwuchskampagne „Butcher’s Tale 2.0“ des bayerischen Metzgerhandwerks. Für mindestens zwei ähnliche Projekte gibt es bereits Ideen. Details verrät Bubnick aber noch nicht.

LIV Bayern Sind alle Zutaten in der Kutterschüssel?
So funktioniert der Simulator
Setzt man die VR-Brille auf, erscheint eine virtuelle Wurstküche einer Metzgerei. Vor einem steht ein originalgetreuer K+G Wetter Kutter, daneben eine Arbeitsfläche mit verschiedenen Zutaten, sowie Kisten von Avo mit den Fleischprodukten (Schwein, Rind, Hühnchen).
Zunächst wird erklärt, welche drei Hauptzutaten in den Kutter gefüllt werden müssen, nämlich Fleisch, Salz und die Schüttung. Danach kann der Anwender mit beliebigen Zutaten wie Paprika, Mais, Gürkchen, Gewürzen und sogar Schokolade experimentieren. Je nachdem welche Produkte man auswählt, gibt es eine entsprechende Typenbezeichnung für den eigens entwickelten Leberkäse – „der Originale“, „der Rockige“ oder „der Scharfe“, sind einige davon. Als witziges Extra kann auch ein Schokoladeneis produziert werden.
Vergisst der Benutzer allerdings eine der Hauptzutaten wie beispielsweise das Eis, kommt „der Matschige“, eine grünlich unappetitlich aussehende Leberkas-Variante heraus und die Produktion ist gescheitert. Jedoch anders als im realen Leben werden hier keine Produkte unnötig verschwendet und es kann von vorne begonnen werden. An einem Laptop können die Zuschauer alles mitverfolgen, was während der Simulation passiert. So haben auch diejenigen Spaß, die gerade nicht die VR-Brille tragen und werden gleichzeitig animiert es selbst einmal zu testen.
Quelle:
afz – allgemeine fleischer zeitung 18/2024
Foto: Bei Ausbildungsmessen können Besucher sich am VR-Leberkas-Simulator versuchen.