Meyer Frères haben bei Aufmaß und Visualisierung ein bemerkenswertes digitales Angebot
Wenn die Kunden zu Matthias und Christoph Meyer ins beschauliche Schwebsingen an der Mosel kommen, dann staunen sie oft. Denn dort werden sie gebeten, die Virtual Reality-Brille aufzusetzen. Und dann können die Kunden durch ihr zukünftiges Haus gehen, sich die Küche ansehen, das Parkett und die geplanten Einbauschränke bewundern. Der Aha-Effekt ist jedes Mal sicher. „Wir verkaufen Emotionen und Planungssicherheit“, sagt Christoph Meyer.
Meyer Frères nennen sich die Brüder, die sich ideal ergänzen und Digitalisierung ins Schreinerhandwerk gebracht haben. Ihr Unternehmen ist im Bereich Innen- und Außenausbau aktiv, aber zunehmend auch in der Visualisierung. Denn die Brüder haben etwas entwickelt, womit sie Architekten, Bauträgern, Zulieferern und vor allem Kunden immer wieder überraschen können. Christoph ist gelernter Schreiner. Sein Bruder Matthias ist Zerspanungsmechaniker mit einem Faible für IT. Vor sieben Jahren haben sich beide selbstständig gemacht. Sie brachten viel berufliche Erfahrung mit und merkten schnell: Die Achillesferse ist die Vermessung, das so genannte Aufmaß. „Wenn ein Kunde beispielsweise 40.000 Euro für eine maßgefertigte Küche ausgibt, will er, dass alles passt“, erklärt Christoph.

So kauften die beiden für immerhin 50.000 Euro ein Gerät, das normalerweise für Landvermessungen oder komplizierte Unfallerfassung genutzt wird, einen 3-D-Laserscanner. Jetzt hatten sie die Daten, aber noch kein Programm zur Verarbeitung im Schreinerbereich. Hier wurde Matthias aktiv. Er suchte und testete, bis er selbst einen Programmablauf entwickelt hatte, der die Daten für die automatisierten CAD-Programme nutzbar machte, mit denen das Holz bei ausgesuchten Vertragspartnern zugeschnitten wird. „Ich habe viele Versionen ausprobiert“, versichert Matthias. Manchmal war das CAD-Programm gut, aber die Anzahl der berücksichtigten Messpunkte zu gering. Über Digitalberater, die solche Probleme nicht kennen, kann er nur lächeln. Mittlerweile ist er selbst mit seinem Wissen bekannt geworden. Die Kollegen von Neobuild, der Initiative für Innovation im Bereich Bau und Nachhaltigkeit, haben sich schon für einen Besuch angemeldet. „Die Genauigkeit der Daten ist das Schlüsselelement“, erklärt Matthias. „Dann folgt der 3-D-Plan und schließlich die CAD-Zeichnungen.“ Meyer Frères kann jetzt so genannte Renderings erstellen, fotorealistische synthetische Zeichnungen.
Die lösen bei den Kunden immer überraschte Reaktionen aus. Denn auf einmal wird der geplante Schrank unter der Treppe oder die abgehängte Decke Realität. Um dieses Resultat zu erreichen, arbeitet Matthias Meyer mit zwei PCs und sechs Grafikkarten. „Die PC-Spieleindustrie hat diese Technologie vorangetrieben“, lächelt er. Ein weiterer Erfolgsfaktor: Um diese realistischen Ansichten zu erstellen, müssen die Brüder nur einmal vermessen – und das geht schnell und genau. Ein Scan kann bis zu 700 Millionen Messpunkte erfassen. „Im Schnitt verarbeiten wir zwischen 200 bis 300 Millionen Messpunkte für ein Projekt“, sagt Matthias. Ein Schwarz-Weiß-Scan dauert vier Minuten. Für ein Haus sind 22 bis 25 Scans nötig.
Die Investitionen in das Messgerät und die VR-Brille haben sich bezahlt gemacht. „Die Kunden sind oft unsicher, weil sie sich das Projekt nicht vorstellen können. Die Bilder und die Möglichkeit, tatsächlich virtuell durch die Wohnung oder das Haus zu gehen führen dazu, dass sie beruhigt sind und uns den Auftrag erteilen“, sagt Christoph. Die allermeisten Kunden kommen daher über Mund-zu-Mund-Propaganda nach Schwebsingen. Meyer Frères wird zudem zunehmend gebeten, Projekte architektonisch zu visualisieren. So lässt eine Schule in Luxemburg ihre Kantine und das Gebäude von den Brüdern vermessen und darstellen. „Das ist wegen der geplanten Eröffnung in Coronazeiten wichtig“, weiß Mathias. Ein Pflegeheim bei Luxemburg, das am Ort 40 Zimmer renovieren will, nutzt die Technologie von Meyer Frères, damit das Pflegepersonal beim virtuellen Rundgang schon mitplanen kann, ob das alles so funktionieren könnte oder was man noch verändern müsste.
Meyer Frères hat sich einen Ruf erworben mit seinem Mix aus traditionellem Handwerk und innovativen digitalen Technologien wie 3D-Laserscanning, 3D-Renderings und VR-Brillen. Durch den Erfolg schaffen sie Arbeitsplätze. Mittlerweile arbeiten acht Mitarbeiter für Meyer Frères. „Ohne unser jetziges System hätten wir weniger Zeit und könnten weniger montieren“, betont Christoph. „Darüber hinaus führt die Digitalisierung zu einem Vertrauensvorschuss bei den Kunden“, unterstreicht Matthias. „Wir können auf Kundenwünsche eingehen, während der Kunde mit der VR-Brille durch seine Immobilie geht und beispielsweise auf Wunsch die Tapetenfarbe ändern.“
Quelle:
Fotos: Editpress/Alain Rischard
https://www.journal.lu/top-navigation/article/durch-die-neue-kueche-mit-der-vr-brille/