Der Einsatz von Virtual-Reality-Anwendungen im Gesundheitswesen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Die technologischen Fortschritte machen die virtuellen Umgebungen auch als Lernwerkzeug für die Ausbildung etwa von Ärztinnen und Ärzten interessant.
Die Weiterentwicklungen und technologischen Fortschritte auf dem Gebiet der Virtual Reality (VR) ermöglichen mittlerweile eine fotorealistische Darstellung von dreidimensionalen Umgebungen, in die Nutzende mithilfe eines Headsets (Brille mit hochauflösenden Displays) und passenden Controllern interaktiv eintauchen können. Auch für die Aus- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten bietet die VR-Technologie Einsatzmöglichkeiten – die an mehreren Krankenhäusern beziehungsweise Fakultäten auch bereits curricular implementiert wurden. So konnte an der Lehrklinik des Universitätsklinikums Würzburg gezeigt werden, dass VR-basierte Simulationen ein vielversprechendes Instrument sind, um die notfallmedizinischen Kompetenzen von Assistenzärztinnen und Assistenzärzten sowohl im diagnostischen als auch im therapeutischen Bereich zu überprüfen und zu verbessern. Eine spezielle Arbeitsgruppe „Virtual-Reality-Simulation im Medizinstudium“ beschäftigt sich in Würzburg unter anderem auch mit dem Einsatz von VR in praktischen Prüfungen – so sollen die bisherigen Einschränkungen analoger Prüfungsszenarien (wie etwa Personal-/Materialkosten, Organisationsaufwand und eingeschränkte inhaltliche Komplexität) überwunden werden. Der Leiter der Arbeitsgruppe, Dr. med. Tobias Mühling, möchte herausfinden, wie man es schafft, dass „möglichst viele Lernerfahrungen bei den Studierenden ‚hängen bleiben‘“, die dann auch später als Arzt oder Ärztin abgerufen werden können. Das Trainingshospital ToTrainU der Universität Ulm bietet ebenfalls VR-Angebote. Dies umfasst ein Rettungswagenpraktikum, ein simuliertes Behandlungszimmer sowie digitale Versionen von Intensivstation und Schockraum. Hier können Gesprächssituationen und Behandlungsabläufe trainiert werden.
Verfügbare VR-Lernprogramme sind zudem in der Lage, anatomische Strukturen bis hin zur mikroskopischen Detailansicht oder mit Interaktion von beispielsweise Muskeln und Knochen darzustellen. Dies ermöglicht eine dreidimensionale Visualisierung von komplexen Operationen, die in ihren Einzelschritten minutiös dargestellt werden können – was in Kliniken sowohl für die Lehre oder auch bei OP-Vorbereitungen genutzt wird. Daneben sind weitere VR-Programme im Einsatz, mit denen hochspezifische ärztliche Tätigkeiten, beispielsweise Leichenschau oder Hirntoddiagnostik, erlernbar gemacht werden. Die vorliegende Evidenz, etwa der Universitätsmedizin Essen, lässt Vorteile hinsichtlich der Lerneffekte bei der Nutzung von VR verglichen mit traditionellen Lehrmethoden vermuten.
VR-Tools könnten künftig auch den innerärztlichen Wissenstransfer unterstützen. Tumorboards, bei denen Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen gemeinsam ein optimales Therapieverfahren für den jeweiligen Patienten entwickeln, können sich unabhängig vom physischen Aufenthaltsort in virtuellen Datenräumen – inklusive der Einbindung von etwa Bilddaten – treffen und austauschen.
Impf- und Pflegesituationen trainieren
Auch für Beschäftigte in Arztpraxen sind mittlerweile VR-Anwendungen auf dem Markt. So gibt es beispielsweise an Medizinische Fachangestellte (MFA) gerichtete Trainingsprogramme mit Fokus auf die Prozesse rund um das Thema Impfen. In virtuell nachgebauten Praxen können die Impfpasskontrolle, Aufklärungsgespräche und die eigentliche Impfdurchführung gelehrt werden. Am Universitätsklinikum Bonn (UKB) wird aktuell eine vergleichbare Softwarelösung zur Unterstützung der Pflegeausbildung entwickelt. Auszubildende der Pflege und Pflegefachkräfte sollen künftig virtuell Situationen der pflegerischen Versorgung auf der Normalstation und der Wochenbettstation durchlaufen können: von der Wundversorgung über die Überwachung der Vitalfunktionen bis zur Beratung zum Umgang mit Neugeborenen.
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