Mit neuen Anwendungen und Weiterentwicklungen von Hard- und Software steht Virtual Reality in der Baubranche vor dem Durchbruch. Von der möglichen Breitenwirkung der Technik erfasst wird der gesamte Lebenszyklus von Gebäuden. Ein Schweizer Unternehmen gehört mit seiner Lösung auch international zu den Trendsettern.
Das zweistöckige Apartment mit bester Aussicht auf den Vierwaldstättersee ist bereits eingerichtet. Für die Begehung des virtuellen Raums kommt der Controller in der rechten Hand zum Einsatz. Per Knopfdruck teleportiert sich der Besucher an jede beliebige Stelle in der Wohnung. Verblüfft bewegt man sich in der fotorealistisch anmutenden Realität des virtuellen Raums, der sich mit der Oculus-Brille in alle Richtungen und von jedem Standort betrachten lässt. Die Inneneinrichtung wäre vor dem Einzug aber noch anzupassen, Shabby Chic müsste Akzente setzen. Die Auswahl dazu bietet die Bibliothek eines virtuellen Tablets, das mit dem Controller in der linken Hand im Blickfeld verschoben werden kann. Um im Menu der Bibliothek blättern zu können, erzeugt der Controller in der rechten Hand einen imaginären Lichtstrahl, mit dem die Kacheln angewählt werden können. In ein paar Minuten findet man sich mit Tablet und Controllern zurecht.
Objekt für subjektive Vorstellungen
«Wir haben die Handhabung bewusst einfach gehalten, sodass auch Laien die Technik rasch anwenden können», sagt Patrik Marty, Mitgründer und CEO der Hegias AG. Das Unternehmen bietet Anwendungen auf dem Feld der Virtual Reality (VR) an. Allzu oft sind die Vorstellungen von Bauherrschaften und Architekten nicht deckungsgleich. Die Vermittlung von Ideen, die erst auf Plänen existieren, kann mitunter schwierig sein. Fehlentscheide wegen Missverständnissen können Baukosten in die Höhe treiben. Die auf echten Plänen basierende Lösung des Jungunternehmens ist die gemeinsame visuelle Plattform, auf der sich die beteiligten Parteien austauschen können. Bauherrschaft, Architekt und Innendekorateurin diskutieren dann etwa gemeinsam über Änderungswünsche und was sie kosten könnten. «Man muss sich nichts mehr vorstellen, denn alle sehen das Gleiche», sagt Marty.
VR-Technik erhält Schub
Noch Anfang des letzten Jahrzehnts war viel von VR die Rede, gleichwohl liessen dann für Branchen nutzbare Anwendungen auf sich warten. Es fehlte an Inhalten, obwohl Hard- und Software auf dem Markt erhältlich waren, erzählt Marty. Als nachteilig erwiesen hätten sich Unklarheiten über die Vorteile der VR-Technik, etwa im Vergleich zu 3D-Anwendungen. VR sei ein Feld für Spezialisten gewesen. Und Marty verweist in einer Analogie auf die Entwicklung des Internets, das anfangs noch sehr statisch war. Für Veröffentlichungen oder Veränderungen von Inhalten musste man praktisch Programmiererfahrung haben. Erst Content Management Systeme (CMS) vereinfachten die Publikation von Inhalten. Von Anfang an stand daher für die Entwickler der Hegias AG die Idee im Vordergrund, ein CMS für die VR zu konzipieren. «Wir sind überzeugt, dass VR zu einem Massenmedium werden kann», meint Marty. Und mit der möglichen Breitenwirkung verbindet er auch den Anspruch einer Demokratisierung von VR-Anwendungen. Jeder Anwender sollte mit wenig Aufwand und zu vergleichsweise geringen Kosten Inhalte in die VR hochladen und bearbeiten können.
Ein CMS für Virtual Reality
Erreicht werden soll der niederschwellige Zugang zur VR-Welt durch einen hohen Automatisierungsgrad, sodass Daten rasch für Begehungen virtueller Räume zur Verfügung stehen. Das Produktdesign ist zudem auf eine Weise ausgelegt, dass dreidimensionale Pläne und IFC-Formate im Kontext von BIM unkompliziert mittels Browser in die Cloud transferiert werden können, wo die Daten jeweils auf dem aktuellen Stand sind. Über einen Link verschafft man sich Zugang.
Quelle: Marty Architektur
Obwohl es sich um virtuelle Wohnräume handelt, erhalten erste Ideen für das Erscheinungsbild von Wänden, Böden und Möblierung mit einem Blick durch die VR-Brille konkretere Gestalt.