Rund 270.000 Menschen in Deutschland bekommen jedes Jahr einen Schlaganfall. In Zeiten von Corona befürchten Schlaganfallexperten, dass Patienten aus Angst sich mit dem Virus zu infizieren, zu spät in die Klinik kommen und die Spätfolgen zunehmen werden. Die Deutsche Schlaganfallgesellschaft rät daher dringend, die Anzeichen für einen Schlaganfall ernst zu nehmen und sich umgehend notfallmedizinisch behandeln zu lassen. Auch während der Corona-Pandemie gilt: Jede Minute zählt. Denn bei einem Schlaganfall gehen pro Minute bis zu zwei Millionen Nervenzellen zugrunde. Dauerhafte Beeinträchtigungen wie Lähmungen, Sprach- und Gedächtnisstörungen können die Folge sein.
Sichtbare und unsichtbare Folgen

Für die Patienten ist es oft ein langer Weg zurück in den Alltag. Anfangs stehen die offensichtlichen Folgen im Vordergrund, beispielsweise Bewegungseinschränkungen. Doch ähnlich schwer sind die Folgen für die Gedächtnisleistung und die Konzentration – die „unsichtbaren“ Folgen eines Schlaganfalls. Viele haben Probleme, sich räumlich zu orientieren oder scheinbar einfache Dinge zu verstehen. „Kognitive Einschränkungen merkt man dem Patienten nicht sofort an. Für Angehörige ist das häufig sehr schwer zu verstehen. Zum Beispiel, wenn der Patient von links angesprochen wird, er aber nicht reagiert, weil er es einfach nicht im Gehirn verarbeiten kann“, erklärt Neuropsychologin Dr. Angelika Thöne-Otto bei Hauptsache Gesund. Solche Schwierigkeiten im kognitiven Bereich sieht man nicht. Sie sind aber essentiell wichtig, besonders wenn es bei jüngeren Patienten um die Wiedereingliederung ins Berufsleben geht.
VR-Brille trainiert Gedächtnis
An der Klinik für kognitive Neurologie des Uniklinikums Leipzig geht man dafür in der Rehabilitation neue Wege. Seit zwei Jahren forscht ein Konsortium mit fünf Partnern, wie sich virtuelle Realität und VR-Brillen in Diagnostik und Therapie einsetzen lassen. Die Patienten tragen in einer Therapiestunde die eher aus der Welt der Videospiele bekannten Brillen und trainieren in einem virtuellen Raum vor allem ihren Orientierungssinn. „Wir haben eine Diagnostik und eine Trainingsaufgabe entwickelt, mit der wir vor allem das räumliche Gedächtnis anschauen wollen, weil das eine Funktion ist, die im Alltag sehr wichtig ist. Um sich zurecht zu finden, um das Auto wieder zu finden, um seine Sachen in der Wohnung wieder zu finden, aber für die wir bisher schlechte Untersuchungsmethoden haben“, erklärt Dr. Thöne-Otto.
Anfangs war die Neuropsychologin skeptisch, ob die neue Technik ihren Patienten hilft: „Wir sind jetzt im positiven Sinne überrascht, wie gut das angenommen wird. Wie gut die Patienten die Aufgabe tolerieren und wieviel Spaß das den Patienten macht.“ Der Vorteil dieser Technik: alles wird genau dokumentiert. Jede Handbewegung, jede Blickrichtung. Fortschritte werden so nachvollziehbarer und die Patienten können besser motiviert werden. Noch steckt das Projekt in der Forschung. In zwei bis fünf Jahren könnte die VR-Brille die Normalität in der klinischen Praxis sein.
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Alarmsignale für einen Schlaganfall
Um den Verdacht auf einen Schlaganfall zu prüfen, gilt die sogenannte FAST-Diagnose. Die einzelnen Buchstaben stehen für die Anzeichen eines Schlaganfalls:
„F“ steht für Face, also das Gesicht. Wenn beim Lächeln ein Mundwinkel herabhängt, deutet das auf eine halbseitige Lähmung hin. Ein Alarmsignal.
„A“ steht für Arm. Wenn der oder die Betroffene die Arme nach vorne strecken will, gelingt das bei einem Arm nicht.
„S“ steht für Sprache. Typisch bei Schlaganfall-Patienten sind Sprachstörungen.
„T“ steht für Time, also Zeit. Treffen die genannten Kriterien zu, ist es höchste Zeit, den Notruf 112 zu wählen.
Kostenlose Reha-Software während Coronakrise
Nicht jede Rehamaßnahme kann wegen der Coronakrise aktuell durchgeführt werden. Um Therapieerfolge nicht zu gefährden und den Patienten weiter Fortschritte zu ermöglichen, bietet die Magdeburger Firma HASOMED derzeit kostenlos die Software RehaCom an. Mit der Software erstellen Therapeuten für jeden Patienten individuelle Therapiepläne und stellen diese auf der RehaCom-Plattform online bereit. Die enthaltenen Einheiten zum Gedächtnistraining kann der Patient zu Hause am Computer durchführen.
Therapeuten werden in die Lage versetzt, die Ergebnisse aus der Ferne einzusehen, auf Basis der Fortschritte neue Aufgaben zu erstellen und Patienten im Genesungsprozess kontinuierlich auch dann zu begleiten, wenn durch äußere Umstände Vor-Ort-Behandlungen nicht mehr möglich sind.