Es besteht kein Zweifel, dass die virtuelle Realität (VR) und ihre Anwendungsfälle zunehmen. Die jüngste Aufregung um das Metaverse ist ein Paradebeispiel für das gestiegene Interesse an der Technologie. Einer der beliebtesten Anwendungsfälle für VR ist die Unternehmensschulung, da berichtet wurde, dass Schulungen, die in VR durchgeführt werden, das Engagement, die Erinnerungsquote verbessern und es den Mitarbeitern ermöglichen, auf sicherere und kostengünstigere Weise geschult zu werden.
Große Unternehmen wie Walmart, McDonald’s, Vodafone, Bank of America und andere haben begonnen, VR-Training einzuführen (Walmart verwendet es seit 2017). In Deutschland sind Unternehmen wie Lufthansa, DB, Stihl, Würth, EOS oder VW zu nennen. VR positioniert sich schnell als ein wesentliches Instrument zur Verbesserung der Lernerfahrung und -effektivität, die für die Entwicklung und den Erfolg der Mitarbeiter entscheidend sind.
Warum VR für Unternehmen an Bedeutung gewinnt
Die zunehmende Nutzung von VR in Unternehmen ist keine vorübergehende Tendenz oder Spielerei; Es wächst aufgrund der gestiegenen Nachfrage, die sich aus den sich ausweitenden Qualifikations- und Talentlücken ergibt. Eine kürzlich durchgeführte Studie hat Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Mitarbeitern mit angemessenen Soft Skills aufgezeigt, wobei 89 % der Führungskräfte und 59 % der Personalchefs angaben, dass Kandidaten nicht über die erforderlichen Soft Skills verfügen, um eine Stelle zu erfüllen. Die Untersuchung ergab, dass Soft Skills wie Kommunikation, Teamarbeit und Führung auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer zu finden sind.
VR ist einzigartig positioniert, um Mitarbeitern die Möglichkeit zu bieten, auf Abruf durch Erfahrung zu lernen. Mit VR können Lernende Fähigkeiten auf psychologisch sichere und risikoarme Weise üben, bis sie kompetent und sicher sind, diese neu entdeckten Fähigkeiten wieder am Arbeitsplatz einzusetzen.
VR und der „Employee-Life Cycle“
VR kann auch das Lernen über den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus hinweg unterstützen. Hier betrachten wir den Mitarbeiterlebenszyklus in sechs Phasen: Gewinnung, Rekrutierung, Onboarding, Entwicklung, Bindung und Trennung. Das Mitarbeiterlebenszyklusmodell wird verwendet, um zu visualisieren, wie sich der Mitarbeiter mit dem Unternehmen beschäftigt und wie dieser Weg unterstützt werden kann.
Arbeitgeber arbeiten heute mehr denn je hart daran, Mitarbeiter zu halten und ihre Weiterentwicklung zu unterstützen. Durch die Betrachtung des Mitarbeiterlebenszyklus können Unternehmen erkennen, wo ihre Schwachstellen liegen. Beispielsweise haben sie möglicherweise eine hohe Bindungsrate, aber wenn sie Schwierigkeiten haben, neue Rollen zu besetzen, benötigen sie möglicherweise einen aufregenderen und ansprechenderen Rekrutierungsprozess.
VR spielt an zahlreichen Berührungspunkten im Mitarbeiterlebenszyklus eine Rolle. Werfen wir einen Blick darauf, wie VR die Mitarbeitenden in jeder Phase unterstützen kann.
Stufe 1: Employer Branding und Attraction
Mehrere große Unternehmen wie General Mills, Marriott und Jaguar haben innovative virtuelle Umgebungen für Veranstaltungen entworfen oder immersive VR-Spiele entwickelt, um neue Talente zu erreichen und sich abzuheben. VR erweist sich als effektive Methode zur Talentakquise.
Ganz modern hat Hyundai z.B. in Roblox für die Generation Alpha/Z ein Spiel für das Thema e-Mobilität/Wasserstoff integriert. Deutsche Unternehmen nutzen schon seit einiger Zeit 360-Grad-Erlebnisse um Marke und Berufe vorzustellen und Interesse bei potentiellen Bewerber*innen zu initiieren. Beispiele sind DB, Handwerkskammer Rhein-Main, Stihl oder ENBW. Besonders, werden u.a. die Berufsorientierung in den Schulen im Fokus gesehen. Die Deutsche Bahn ist dafür ein gutes Beispiel. Als die DB mit VR experimentierte, gingen bis zu 10-mal so viele Bewerbungen ein.
Somit kann das Anbieten einer VR-Erfahrung kann Ihre Chancen, Kandidaten anzuziehen, exponentiell erhöhen und die Bewerbungszahlen erhöhen.
Stufe 2: Rekrutierung
Trainingsabteilungen können VR nutzen, um Personalchefs dabei zu unterstützen, sich effektiv auf Vorstellungsgespräche mit Kandidaten vorzubereiten. Dies geschieht, indem Personalchefs in simulierte Vorstellungsgespräche eingebunden und Feedback zu ihrer Leistung gegeben werden, um sicherzustellen, dass sie bereit sind, im Namen der Organisation einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen.
Dieser Scheinansatz würde oft persönlich durchgeführt, aber VR eröffnet die Möglichkeit, aus der Ferne zu üben und einen effizienteren, erfolgreicheren Interviewprozess durchzuführen. In der simulierten Umgebung können Personalchefs üben, Interviewfragen zu stellen und mit Kandidaten nach roten Fahnen Ausschau zu halten.
Ein weiterer unglaublich nützlicher Aspekt der VR-Erfahrung ist die Möglichkeit, stressarme Bewertungen zu erstellen. Die VR-Technologie ermöglicht es Bewerbern, herauszufinden, ob die Stelle für sie geeignet ist, und bietet Personalchefs eine realistische Möglichkeit, die Fähigkeiten jedes Einzelnen einzuschätzen.
Eine Position kann Aspekte oder Verantwortlichkeiten haben, die schwer zu beschreiben oder zu verstehen sind, es sei denn, Sie haben Erfahrungen aus erster Hand damit. Neben interaktiven Assessments ist es auch möglich, reale Simulationen von Alltagsroutinen zu erstellen, damit Kandidaten einen möglichen Job im Alltag erleben. Unternehmen auf der ganzen Welt erkunden bereits diese Vorteile. Um die Absolventen für das Jahr 2017 zu bewerten, führte die Lloyds Banking Group beispielsweise erstmals in Großbritannien VR-Übungen ein.
Letztendlich kann VR die Einstellungs- und Rekrutierungsprozesse rationalisieren, was Unternehmen greifbare Vorteile bringt. Die DB stellte beispielsweise fest, dass dies Zeit und Kosten für Vorstellungsgespräche für Arbeitgeber und Arbeitnehmer reduzierte und sogar höher qualifizierte Kandidaten anzog.
Mit VR können Menschen – Kompetenzen praxisnah üben und entwickeln.
3. Onboarding
Das Onboarding muss nicht mehr persönlich erfolgen. Mit VR kann das Onboarding bequem von zu Hause aus erfolgen und bleibt dabei realistisch und immersiv – etwas, das seit der jüngsten Umstellung auf Remote- und Hybridarbeit immer attraktiver wird. Neue Mitarbeiter erhalten eine Einführung in das Unternehmen, eine Büroführung, treffen ihren Vorgesetzten und Teammitglieder und erfahren auf interaktive Weise etwas über die Geschichte und Werte eines Unternehmens. Dies ist bemerkenswert, da Unternehmen mit schlechten Onboarding-Prozessen niedrigere Bindungsraten aufweisen.
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Marke, die nach der Einführung von VR in ihren Onboarding-Prozess hervorragende Ergebnisse erzielt hat, ist Accenture. Als globale Marke, die an 200 Standorten in 50 Ländern tätig ist, benötigte Accenture eine skalierbare Lösung für interne Prozesse wie das Onboarding.
VR ermöglichte es Accenture, einen digitalen „New Hire Campus“ zu schaffen, der Räume umfasste, die ihre physischen Büros simulierten, sowie einen Ort, an dem sich Mitarbeiter treffen konnten. Dies ermöglichte es neuen Mitarbeitern, immersive Erfahrungen zu machen, bei denen die Mitarbeiter unabhängig von ihrem geografischen Standort miteinander in Kontakt treten konnten.
Auch Nutzen Firmen wie Stihl schon seit Jahren immersive Technologien, um neue Mitarbeitenden in die Produktwelt einzuführen. So erhalten die neuen Mitarbeiter über ein Cardboard einen kompletten POS mit allen gängigen Produkten zum Erleben zur Verfügung gestellt.
4. PE-Entwicklung
VR hat das Potenzial, das Werkzeug der Wahl für die Weiterbildung zu werden, da Unternehmen diese innovative Lernmethode bereits anwenden. Da sich die Qualität von VR-Grafiken verbessert und Headsets leichter verfügbar werden, sieht es so aus, als ob VR-Training sich weiter ausbreiten wird.
VR gewinnt besonders an Zugkraft bei der Verbesserung der Fähigkeiten im Soft Skill-Bereich wie z.B. Präsentationen und öffentliches Reden vor Menschen durchzuführen, Führung, Networking, Verhandlungen, Geschäftsethik, entscheidende Gespräche, Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion und mehr. Vodafone und die Deutsche Telekom nutzen VR-Training, um es Mitarbeitern zu ermöglichen, eine Reihe von Sozialkompetenzen zu üben und sofortiges Feedback zu ihrer Leistung zu erhalten, sodass sie ihre Stärken und Schwächen leicht erkennen können, bevor sie die Übung wiederholen.
Unternehmen wie Vodafone haben ihren Schulungspavillon in Newbury in VR nachgebaut, damit Mitarbeiter ihre Präsentationsfähigkeiten in einer ihnen vertrauten Umgebung üben können. Dadurch erhalten sie eine digitale Spielwiese, um Fähigkeiten on-demand direkt am Point of Need zu üben – die in der Realität nicht bereitgestellt werden können.
Darüber hinaus stellte PwC fest, dass das Übungselement des VR-Lernens dazu führte, dass die Lernenden viermal konzentrierter und 275 % sicherer waren, das Gelernte umzusetzen. Für diejenigen, die in die Qualitätsentwicklung ihrer Mitarbeiter investieren, können sie höhere Bindungsraten aufrechterhalten, da die Entwicklung einer der Hauptfaktoren dafür ist, dass ein Mitarbeiter seine derzeitige Position verlässt.
Fazit
VR-Technologie kann in jeder Phase des Mitarbeiterlebenszyklus integriert werden. Obwohl VR noch für viele relativ neu erscheint, gewinnt es sicherlich an Popularität, von der Gewinnung und Rekrutierung neuer Talente bis hin zum Onboarding und zur Unterstützung ihrer kontinuierlichen beruflichen Entwicklung und des Trainings. Bei richtiger Anwendung hat es die Macht, die Mitarbeitererfahrung von der Gewinnung neuer Mitarbeitenden bis hin zur langfristigen Bindung von Mitarbeitern zu verändern.
VR-Technologie kann somit in jeder Phase des Employee Life Cycle integriert werden.
Quelle:
Torsten Fell