Tätigkeiten in der Pflege von einem Roboter erledigen zu lassen, klingt zunächst befremdlich. Denn gerade der Umgang mit pflegebedürftigen Menschen erfordert besondere Sorgfalt und Einfühlungsvermögen. Wenn der teilautonome Roboter aber aus der Ferne per Virtual-Reality-Technik von einem Menschen bedient wird, gibt es dafür eine höhere Akzeptanz bei den zu pflegenden Menschen. Dies ist eines der Ergebnisse des Forschungsprojekts Teleskoop, in dem ein solches Konzept getestet wurde.
Die demografische Entwicklung stellt unsere Gesellschaft vor eine große Herausforderung: Einer steigenden Zahl an Pflegebedürftigen steht eine begrenzte Zahl an Pflegekräften gegenüber. Als eine mögliche Lösung gelten humanoide Roboter, die Betroffenen im Haushalt assistieren und so den menschlichen Pflegekräften einige Aufgaben abnehmen. Allerdings stoßen solche Roboter bisher auf nur geringe Akzeptanz: Viele Menschen fremdeln mit solchen technischen Helfern oder haben Sorge, dass die Roboter unkontrolliert agieren und damit entweder ihre Aufgabe nicht erfüllen oder sogar Schaden anrichten.
Ferngesteuert statt ganz autonom
Eine Lösung für dieses Problem könnte die sogenannte Telepräsenzrobotik bieten. Das ist das Fazit aus dem Forschungsprojekt Teleskoop, das nun nach dreijähriger Laufzeit zu Ende gegangen ist. Das Unternehmen Devanthro, das Forschungszentrum Informatik (FZI) sowie die Forschungsgruppe Geriatrie der Charité-Universitätsmedizin Berlin haben darin ein Konzept getestet, bei dem ein humanoider Roboter aus der Ferne gesteuert wird, um betreuungsbedürftige Personen im Haushalt zu unterstützen. Pflegekräfte können dabei das teilautonome System mit dem Namen „Robody“ mit Hilfe von Virtual-Reality-Technologie (VR) und haptischen Controllern bedienen.
Der Roboter bewegt sich dabei auf Rädern durch die Wohnung. Sein Oberkörper ist menschenähnlich – mit einem Kopf und zwei Armen. Die Pflegekräfte steuern ihn mit Hilfe einer VR-Brille und zwei Controllern. Über die Brille sind sie in der Lage, alles so wahrzunehmen wie der Roboter vor Ort. Mit den Controllern in ihren Händen können sie die Arme des Roboters bewegen und ihn zum Beispiel dazu bringen, einen Gegenstand zu greifen. Vergleichbar ist dies mit den Controllern von Spielekonsolen, mit denen man zum Beispiel im heimischen Wohnzimmer virtuell Sport – etwa Kegeln – betreiben kann. Die betreuungsbedürftige Person sieht auf dem Display des Roboters das Gesicht des Bedieners und kann mit diesem per Sprache kommunizieren. „So erhält sie das Gefühl, als wäre die Pflegekraft selbst vor Ort“, sagt Rafael Hostettler, Mitgründer und CEO des Unternehmens Devanthro, das den Roboter entwickelt hat.
Robody kann auf diese Weise eine Person auf unterschiedliche Weise im Haushalt unterstützen. So kann er zum Beispiel Essen vorbereiten, Getränke bringen, beim Anziehen helfen, Medikamente bereit stellen oder für Unterhaltung sorgen, indem er Brettspiele spielt. Voraussetzung für den Einsatz des Roboters sind eine ebenerdige Wohnung, da er keine Treppen steigen kann, sowie ein Internetanschluss. Denn Pflegekraft und Roboter sind über das Internet miteinander verbunden. Die gesamte Kommunikation sei dabei verschlüsselt, um vor Hacker-Angriffen geschützt zu sein, erklärt Holstettler. Für die Steuerung des Roboters sind keine besonderen Fähigkeiten gefordert. Im Test reichte ein sechsstündiges Training für den Anwender oder die Anwenderin aus, um den Robody bedienen zu können.
Besser an den Tagesablauf angepasst
In mehreren Pilotversuchen unterstützte Robody auf diese Weise Menschen, die noch in ihrem eigenen Haushalt leben, aber auf Hilfe angewiesen sind – und dies jeweils über einen Zeitraum von 23 Tagen. Laut den Projektpartnern zeigen die Ergebnisse der Tests unter anderem, dass der Mensch als Bedienperson des Roboters eine wesentliche Rolle spielt, um die Akzeptanz bei den pflegebedürftige Personen für ein solches Konzepts zu erhöhen. Dank des teleoperativen Ansatzes sei es außerdem möglich, die Unterstützung flexibel umzusetzen und an die Fähigkeiten und Tagesabläufe der Zielgruppe anzupassen. Der Vorteil für die Pflegekräfte: Sie können ihre Arbeit effizienter durchführen, weil sie zum Beispiel Anfahrtswege einsparen. Und sie werden körperlich entlastet.
„Mit diesem telepflegerischen Ansatz kombinieren wir die Stärken von Mensch und Maschine und bewahren zugleich den persönlichen Austausch zwischen dem Pflegepersonal und der Person“, sagt Hostettler. Das FZI, das neben Devanthro an dem Projekt beteiligt war, hat dafür kooperative Regler mit einer schnellen Reaktionsfähigkeit entwickelt, um auch komplexe Aufgaben wie den Transport eines mit Wasser gefüllten Glases durchzuführen. Die Charité–Universitätsmedizin Berlin war zuständig für die wissenschaftliche Begleitung des Projekts. Die ermittelten Erkenntnisse sollen direkt in die technische Weiterentwicklung des Robody-Systems einfließen.
Quelle:
Foto: Dieser humanoide, teilautonome Roboter wird mittels VR-Brille und haptischen Controllern kontrolliert. © Benno Unterforsthuber/ Devanthro
Forschungszentrum Informatik (FZI)
https://www.wissenschaft.de/technik-digitales/robotische-haushaltshilfe-per-fernsteuerung/