Der „Dry January“ ist zu Ende: Immer mehr Wienerinnen und Wiener nutzen den Jänner, um ihre Alkoholgewohnheiten zu hinterfragen. Für einen tatsächlichen Entzug ist ein Monat allerdings zu kurz, so ein Experte des Wiener Anton Proksch Instituts. Hier setzt man auf die Etablierung neuer Gewohnheiten, etwa mithilfe von Virtual Reality.
25 Prozent der Wienerinnen und Wiener konsumieren zumindest zwei bis dreimal in der Woche Alkohol. Das zeigt das aktuelle Wiener Suchtmittelmonitoring, das ein Alter von 15 bis 64 Jahren erfasst. 16 Prozent trinken demnach nie, sind also abstinent. Etwa jede oder jeder siebente in Österreich konsumiert Alkohol in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß. Der sogenannte „Dry January“ wird von vielen genutzt, um ein Monat lang komplett auf Alkohol zu verzichten und den eigenen Alkoholkonsum zu hinterfragen. Besser wäre länger, sagt der klinische Psychologe, Oliver Scheibenbogen, vom Anton Proksch Institut im „Wien heute“-Interview.
Alkoholpause im besten Fall drei Monate
„Es ist eine Möglichkeit, sich mal auszuprobieren und vor allem auch unliebsame Gewohnheiten zu durchbrechen. Das ist für uns Menschen ganz, ganz wichtig. Idealerweise, um neue Gewohnheiten zu etablieren, würde es eigentlich drei Monate dauern, so der Durchschnitt. Denn wir können ja Gewohnheiten nicht einfach löschen, die uns unliebsam sind, sondern wir müssen es mit neuen überschreiben“, so Scheibenbogen. Es sei aber eine gute Gelegenheit in sich hinein zu spüren, „geht mir der Alkohol wirklich sehr ab oder schaffe ich es ohne auch und ich kann neue Erfahrungen sammeln“.
VR-Brille simuliert Einkauf oder Party
Bei der Suchttherapie gibt es unterschiedlichste Ansätze, einer davon setzt auf Virtual Reality: Die Brille wird etwa genutzt, um realitätsnahe Szenarien in Supermärkten oder auch Partys zu simulieren. „Hier begegnet man auch menschenähnlichen Avataren und das erzeugt Verlangen. Das heißt, man setzt sich diesen alkoholspezifischen Reizen aus, das löst tatsächlich real Verlangen aus und wir können in der Therapie gemeinsam Bewältigungsstrategien entwickeln, um dieses Verlangen deutlich wieder zu senken“, schildert der Experte.
Für Ballsaison und Co. empfiehlt Scheibenbogen, sich schon im Vorhinein zu überlegen, wie viel und was man konsumieren will: „Das heißt, nicht in diese Situation zu kommen, mir überlegen zu müssen, ganz schnell, was trinke ich statt dem Glas Sekt oder Wein. Das heißt, dass ich dann nicht überrumpelt werde, sondern vorher schon überlegt habe, welches alkoholfreie Getränk trinke ich denn.“
Bei problematischem Konsum: Hilfe suchen
Wer problematischen Konsum bei sich selbst vermutet, soll jedenfalls Hilfe suchen. Im ersten Schritt werde dann geklärt, ob Therapiebedarf vorhanden ist, so der Experte. „Eine Sucht kommt selten allein, meistens gibt es viele Probleme dahinter und wir gehen gemeinsam diese Probleme an. Was ich oft erlebe, ist das Feedback von meinen Patienten und Patientinnen, dass das Leben einfach wieder schöner und reicher wird. Das heißt tatsächlich: Therapie, auch Suchtbehandlung, ist ein Gewinn für das gesamte Leben“, sagt der Psychologe.
Laut aktuellem Drogenbericht geht der Alkoholkonsum in Österreich grundsätzlich zurück. Das dürfte vor allem daran liegen, dass Jüngere nicht mehr so viel und oft trinken. Als problematisch angesehenes Trinken liegt oft im Alter zwischen 40 und 70 Jahren.
„Einerseits liegt das daran, dass junge Menschen auch mehr Gesundheitsbewusstsein haben, mehr auf sich und ihren Körper auch achten. Dann gibt es natürlich auch noch andere Optionen, das heißt, was wir auch merken, es gibt viel mehr alkoholfreie Getränke. Da liegt Österreich auch eher im hinteren Drittel, weil z.B. in Ländern wie Spanien, da gibt es ein viel größeres Angebot an alkoholfreien Getränken“, so Scheibenbogen. Im Gegenzug würden bei vielen Älteren die Verpflichtungen wegfallen und die Konsummöglichkeiten mehr werden.
Quelle:
red, wien.ORF.at