Der US-amerikanische Hersteller Realwear hat sich die Digitalisierung der „Frontline Worker” auf die Fahnen geschrieben. Gerade durch die pandemiebedingten Reisebeschränkungen ist der Markt für die AR-Brillen auf Android-Basis regelrecht explodiert.
Satte 600 Prozent Wachstum verzeichnete der AR-Brillen-Hersteller Realwear im vergangenen Jahr, erklärt Michael Krämer, Deutschlandchef des 2016 gegründeten Unternehmens aus Vancouver im US-amerikanischen Bundesstaat Washington. Denn bedingt durch die Reisebeschränkungen wegen der Covid-19-Pandemie konnten viele Firmen ihre Experten nicht zu Industrieanlagen, Baustellen, Bohrinseln oder Windparks schicken, wenn dort diffizile Reparaturen oder Wartungsaufgaben anstanden. Statt dessen wurden für solche Aufgaben bei vielen Unternehmen AR-Brillen von Realwear angeschafft, so Krämer weiter. Ein Techniker vor Ort trägt dann die Brille mit integrierter Kamera und Headset, währen der Experte am Rechner sitzt und von dort mit Anweisungen und Tipps bei den Arbeiten assistiert.
Aus der Notlage könnte in Zukunft das normale Vorgehen werden, weiß Krämer. Denn die Unternehmen haben durch die Krise festgestellt, dass ihnen die erzwungene Digitalisierung Nutzen bringt. Ihre Experten müssen nicht auf kostspielige Reisen geschickt werden, und sie können vom Rechner aus sogar mehr Projekte betreuen als vor Ort. Zudem lassen sich so die Ausfallzeiten defekter Anlagen minimieren. „Wir erreichen laut den eigenen Studien aktuell maximal fünf Prozent des Marktpotenzials”, so der Deutschlandchef von Realwear. Der Verkauf der Brillen erfolgte dabei fast komplett über den IT-Channel. Denn Anlagenbauer haben diese Geräte praktisch nicht auf dem Schirm, und meist waren es die IT-Abteilungen in Unternehmen, die sich um die Telepräsenz-Lösungen kümmern mussten. Dazu kommt, dass die auf Android basierenden Brillen meist mit IT-Standardsoftware wie Microsoft Teams, Cisco Webex Expert on Demand oder Teamviewer Assist AR genutzt werden.
AR-Brillen mit Android und Sprachsteuerung
Realwear bietet derzeit zwei Modelle der AR-Brillen an: Die HMT-1 und die weitgehend baugleiche HMT-1Z1 für den Einsatz in potenziell explosionsgefährdeten Umgebungen. Die 380 beziehungsweise 430 Gramm schweren Brillen nutzen einen integrierten ARM-Rechner mit Android 10 als Betriebssystem. Als SoC dient ein Qualcomm Snapdragon 626 mit Adreno-506-GPU. Für die drahtlose Kommunikation ist er mit AC-WLAN und Bluetooth Low Energy 4.1 ausgestattet. Ein GPS-Empfänger ist ebenfalls integriert. Das 0,33 Zoll große Display mit WVGA-Auflösung kann vor dem rechten oder linken Auge befestigt werden. Das Auge nimmt es wie ein 7-Zoll-Tablet im Blickfeld wahr. Zur Ausstattung zählt eine Full-HD-Kamera mit Bildstabilisierung, Bewegungserkennung und einer lokaler Sprachsteuerung. So hat ein mit der Brille ausgerüsteter Techniker beide Hände frei. Die Brille kann dabei nicht nur für Hilfen per Videokonferenz genutzt werden, sondern auch, um lokal oder im Netzwerk verfügbare Schalt- oder Baupläne aufzurufen oder Erklärungsvideos zu starten. Eine Cloud-Dictation-Engine ermöglicht die Umsetzung von Sprache in Text, praktisch beispielsweise, wenn die Realwear-Geräte für Audits verwendet werden. Mit der Software Realwear Explorer wird das Display einer HMT-1 oder HMT-1Z1 auf externe Rechner gespiegelt. Die Brillen können mit unterschiedlicher Ausrüstung wie Helmen, Schutzbrillen und Kopfhörern für laute Umgebungen kombiniert werden. Sie erfüllen die MIL-STD-810G-Anforderungen und sind gemäß IP66 wasser- und staubdicht. Die Akkulaufzeit der wechselbaren Akkus liegt laut Hersteller bei bis zu 10 Stunden. Für das Device Management hat Realwear eine eigene Lösung parat. Die Brillen können aber durch jede MDM-Software verwaltet werden, die Android 10 unterstützt.
Vertrieb ausschließlich über den Channel
Seit zwei Jahren vermarktet Realwear die Produkte ausschließlich über den Channel. Das Partnerprogramm mit den Stufen Reseller, Silber und Gold legt einen starken Fokus auf das Training mit Online-Kursen, virtuellen Schulungen und monatlichen Webinaren. Ein Dashboard gewährt Zugang zu Trainings- und Marketingmaterial. Die Partner können zudem vergünstigte Demogeräte erwerben, bekommen Rabatte und in den beiden höheren Stufen einen Zugang zu Realwears Market Development Fund. Für die Reseller-Stufe gibt es keine Mindestgrenze beim Umsatz, bei den höheren Stufen dann schon. Zudem sollen die Partner die Case Studies ihrer Kunden beisteuern.
Quelle:
https://www.it-business.de/augmented-reality-mit-microsoft-teams-co-a-1043686/
Foto: Die Realwear HMT-1Z1 ist für den Einsatz in potenziell explosionsgefährdeten Umgebungen geeignet. Sie erfüllt die Standards ATEX ZONE 1 and CSA C1/D1.