In Kaunitz ist am Samstag ein ADAC-Rettungshubschrauber neben der Ostwestfalenhalle gelandet. Grund war kein medizinischer Notfall oder ein schwerer Verkehrsunfall: Rund 80 Helfer absolvierten eine Aus- und Fortbildung – in einem digitalen Umfeld.
„Bereits im Oktober 2019 haben wir einen Grundstein gelegt für die Thematik Ausbildung mit der Virtual-Reality-Brille“, berichtete Michael Schumacher von der Kreisrotkreuzleitung. Er fügt hinzu: „Wegen Corona konnten wir leider im ersten Halbjahr an diesem Grundstein nicht weiter arbeiten.“
Das änderte sich am Wochenende, als sich die Ehrenamtlichen trafen. Zu der Aktion war es nach Angaben Schumachers gekommen, nachdem Ende Januar der DRK-Kreisverband Herford-Stadt das Projekt Ausbildung mit virtueller Realität (VR) auf Europas größter Bildungsmesse vorgestellt hatte. Vertreter der ADAC-Luftrettung waren auf den Stand aufmerksam geworden – und vom Engagement der ehren- und hauptamtlich Mitarbeitenden begeistert. Insbesondere die Qualität der VR-Inhalte und der Projektführung überzeugte nach DRK-Angaben die Fachleute der Luftrettung. „Das gehört gewürdigt und belohnt“, habe es geheißen.
So wurde dem DRK bereits wenige Tage nach der Messe eine gemeinsame Übung mit der ADAC-Luftrettung für Filmaufnahmen in virtueller Realität angeboten. Die Verantwortlichen nahmen die Gelegenheit gern wahr. Auch, um den vielen Ehrenamtlichen für ihren unermüdlichen Einsatz während der Corona-Krise zu danken. Gemeinsame Übungen des DRK-Sanitäts- und Rettungsdienstes, der ADAC-Luftrettung sowie einer Gruppe des Feuerwehr-Löschzugs Kaunitz wurden mit einer Spezialkamera aufgenommen. Außer einem Verkehrsunfall und der Rettung von eingeklemmten Personen wurden auch ein Grillunfall mit vier Verletzten und ein Leitersturz nachempfunden.
Der Digitalisierungsbeauftragte Thomas Pilz aus Herford installierte jeweils die Spezialkamera, damit die Bilder später für die Aus- und Fortbildung der Retter optimal genutzt werden konnten. „Mit den 360-Grad-Aufnahmen können wir später beispielsweise jedes Fahrzeug an eine beliebige Stelle verschieben, so wie es für das Abarbeiten eines Einsatzes erforderlich ist“, betonte Schumacher. Das galt auch für einen Rettungshubschrauber, der für entsprechende Aufnahmen am Wochenende öfter startete und landete. Außerdem wurde der komplette Helikopter ausgeräumt und der Innenraum sowie die Gegenstände digitalisiert. So wird es möglich sein, beispielsweise die Ampulle eines Medikaments virtuell aus einer Schublade oder aus einem Rettungs-Rucksack zu entnehmen. Quasi als Nebenprodukt sollen für das DRK auch Imagefilme für die Nachwuchsgewinung erstellt werden.
Hintergrund: Digitalisierung und der Wandel in der Arbeitswelt durch Computer sind nach Auffassung des DRK oftmals negativ belegt. Dass die Nutzung neuer Techniken bei Weitem nicht immer Nachteile bringt, sondern eine Bereicherung sein kann, zeigt laut Mitteilung das Vorhaben des DRK-Kreisverbands Gütersloh. Ehrenamtliche Retter und Opfer von Unfällen, Verletzte und Betroffene von Katastrophensituationen werden gleichermaßen von einer Ausbildung mit Virtual-Reality (VR) profitieren. Sie ermögliche es, Extremsituationen orts- und zeitunabhängig zu trainieren, ohne dafür eine großangelegte Katastrophenübung starten zu müssen, heißt es in einer Mitteilung. Denn was sonst als Katastrophenübung, medizinischer Notfall oder gar Unfall-Extremsituation mit einem enormen Aufwand inszeniert und nachgestellt werden muss, kann durch Virtual Reality dreidimensional durch Einsatz einer Spezialbrille durchlebt werden. Die mittels 360-Grad-Kamera produzierte Trainingssequenz kann so oft geübt werden, bis sie sitzt. Während ihrer Ausbildung können Gütersloher Ehrenamtliche auf diese Art und Weise mehr Routine bekommen. Enormer Vorteil dabei: Ort und Zeit spielen keine Rolle.
Quelle:
Foto: Ausbilder Hussien Khedr vom DRK Herford erläutert einer Teilnehmerin die Kameratechnik. Das Training mit der Virtual-Reality-Brille ermöglicht ein unabhängiges Üben für Extremsituationen, die sonst mit Aufwand nachgestellt werden müssen.