Mit dem Vive Wireless Kit kappt HTC die Kabel zur VR-Brille. Wir haben die Erweiterung für Vive und Vive Pro getestet und sind begeistert.
Wer eine VR-Lösung im Roomscale-Modus – also sich im freien Raum bewegend – nutzt, der kennt das Kabelproblem: Im Hinterkopf hat man immer Angst, über die Verbindung zwischen Brille und Computer zu stolpern. Für unter 30 Euro gibt Lösungen wie von Kiwi Design, die die Kabel an die Decke verfrachten und mit einziehbaren Rollen dafür sorgen, dass sie aus dem Weg sind. Eleganter ist es, die Kabel komplett zu kappen. Nach Tpcast (Testbericht) bringt HTC für die Vive (Testbericht) und die Vive Pro (Testbericht) eine eigene Funklösung zur Datenübertragung.
Aufbau
Wir verwenden das Vive Wireless Kit mit einem bereits eingerichteten Vive-System. Das Umrüsten auf kabellos läuft in drei Schritten ab. Zuerst wird der PC heruntergefahren und die mitgelieferte WiGig-PCI-Karte verbaut. Diese übernimmt die Kommunikation zwischen PC und dem Empfänger an der Vive-Brille. Die mitgelieferte Antenne wird auf den Monitor geklippst und hält stabil. WiGig steht für den Funkstandard IEEE 802.11ad und überträgt Daten kabellos bis zu einer Banbreite von 6,9 GBit/s, allerdings nur auf kurzen Strecken und mit direkter Sichtverbindung.
Schritt 2 geschieht am Vive oder dem Vive Pro: Die Sende- und Empfangseinheit, in der Redaktion liebevoll „Geweih“ getauft, wird am Kopfband montiert. Anschließend entfernt man das ursprüngliche Kabel. HDMI, Audio und Strom laufen nun über das mitgelieferte, kurze Dreifachkabel vom Wireless-Adapter in die Brille. Die Installation funktioniert komplett ohne Werkzeug. Dank Clip und Klettverschluss hält das Wireless Kit stabil am Kopfband. Um die notwendige Energieversorgung kümmert sich eine Powerbank mit Gürtel-Clip, die per USB-Kabel mit dem Funkadapter verbunden ist.
Der letzte Schritt ist die Installation der Vive WLAN App. Diese kommuniziert zwischen dem PC und der Vive-Brille und zeigt ständig die Stärke der Übertragung an.
Gut gefallen hat uns die einfache Installation. In weniger als 15 Minuten war die kabellose Lösung mit dem PC verbunden. Die Software kommuniziert problemlos in Steam VR, sowohl die Spiele wie auch das Setup-Programm erkannten die Brille.
Das Verwenden der WiGig-Karte hat Vor- und Nachteile: Wer keinen PCI-Steckplatz hat, kann die HTC-Lösung nicht nutzen. Damit fallen Notebooks weg, selbst wenn sie genügend Grafikpower liefern. Auf der Haben-Seite steht, dass die Grafikkarte die Bilddaten über das interne Bus-System des PCs übertragen kann, die WiGig-Karte muss nicht per HDMI mit der Grafikkarte verbunden sein.
Der Adapter funktioniert sowohl mit der Vive wie auch der Vive Pro. Besitzer der Pro-Variante benötigen aber ein zusätzliches Adapter-Kit, das mit knapp 73 Euro zu Buche schlägt. Das ist ein hoher Preis für ein Kabel und zwei Plastikstücke, gerade weil die Vive Pro sowieso ein recht teurer Spaß ist.
Immersion
In der Praxis schlägt sich das Wireless Kit enorm gut. Selbst wenn man sich beim Spielen viel bewegt, es gibt keine Verzögerung, keinen spürbaren Lag. Bei der Qualität bemerken wir keine Unterschiede zum Kabel.
Zu Problemen kommt es, wenn die direkte Verbindung zwischen Spieler und Antenne verdeckt ist. Wobei das in der Praxis kein großes Problem sein dürfte, wenn man alleine in der VR-Welt unterwegs ist. Hält aber jemand die Hand vor die Antenne oder stellt sich zwischen Spieler und Antenne, bricht das Spiel nach kurzer Zeit ab. Es hilft, die Antenne möglichst hoch zu positionieren. Dank des zwei Meter langen Antennenkabels ist das problemlos machbar.
In Spielen wie Space Pirate Trainerund Skyrim VR hatten wir kabellos ein deutlich besseres Spielerlebnis. Wir bewegten uns viel freier im Raum. Die Angst, über ein Kabel zu fallen, war weg. Das sorgt für eine deutlich aktivere Spielweise, wir bewegen uns mehr, drehen uns um die eigene Achse und ducken uns häufiger weg. Es macht einfach mehr Spaß. Und weder die zusätzliche Antenne auf dem Kopf noch das Akkupack in der Tasche oder am Gürtel stören.
Apropos Akku: HTC liefert eine kleine Powerbank mit, die die Energieversorgung übernimmt. Mit einer Kapazität von 10500 mAh soll sie bis zu 2,5 Stunden Saft liefern. In der Praxis kommen wir auf etwas mehr als zwei Stunden, wobei so lange VR am Stück anstrengend ist. Das Akkupack wird per USB-C geladen, doch selbst mit Qualcomm Quickcharge dauert das Aufladen mehr als zwei Stunden. Wer längere Sessions einplant, der sollte sich einen Zweitakku zulegen, die Original-Akkus gib es ab 35 Euro.
Tpcast oder Vive Wireless?
Was ist nun die bessere Lösung, der HTC Wireless Adapter oder der Ansatz von Tpcast? Jedem, der einen Desktop-PC für VR nutzt, dem raten wir zum Gerät von HTC. Dieses war einfach deutlich einfacher einzurichten als die Lösung von Tpcast. Im Test hatten wir damals Probleme, das Setup zum Laufen zu bekommen, gerade die Einrichtung war deutlich komplizierter.
Die Tpcast-Lösung ist für alle interessant, die einen VR-fähigen Laptop nutzen oder keinen freien PCI-Steckplatz besitzen. Statt einer internen Karte greift Tpcast das Grafiksignal via HDMI ab.
Preislich nehmen sich beide Systeme wenig. Tpcast kostet derzeit 323 Euro, die HTC-Lösung liegt bei 343 Euro. Der einfachere Aufbau und die bessere Integration in die Software sind den geringen Aufpreis unserer Meinung nach wert.
Wer eine Vive Pro nutzt, hat sowieso keine Auswahl, da nur die HTC-Lösung diese Brille unterstützt.
Quelle:
https://www.techstage.de/test/Vive-Wireless-Kit-im-Test-kabellose-Virtual-Reality-4201008.html