Die Hochschule Luzern forschte im Rahmen eines
internationalen Projekts an einer telemedizinischen Neuerung mittels VR-Games. Ziel ist, nie wieder ein Training zu Hause auszulassen.
Wer einmal in physiotherapeutischer Behandlung war, kennt das Problem nur allzu gut: Nachdem die meist neun Termine umfassende Verordnung aufgebraucht ist, geht es mit einem individualisierten Trainingsplan nach Hause. Jetzt heisst es Eigeninitiative zeigen und diszipliniert dranbleiben. Anfangs geht es noch gut, doch mit den verstreichenden Wochen verschwindet auch langsam die so eiserne Disziplin. Der innere Widerstand wächst, die Lustlosigkeit wird immer grösser.
Eine innovative technische Neuerung soll diesem unliebsamen und doch allgegenwärtigen Phänomen entgegentreten. Forschende des Kompetenzzentrums iHomeLab der Hochschule Luzern haben in einem internationalen Projekt und in Zusammenarbeit mit der Rehaklinik Bad Zurzach eine Tele-Rehab-Plattform entwickelt, die Physiotherapie von zu Hause mithilfe einer VR-Brille ermöglichen soll. Die Anwendung wurde bereits in einem Feldversuch getestet. Andrew Paice, Leiter des iHomeLab, verspricht sich von der telemedizinischen Neuerung höhere Eigenverantwortung bei der heimischen Rehabilitation: «Je einfacher das Setup, desto grösser die Chance, dass das Training auch zu Hause regelmässig stattfindet.»
Physiotherapie durch spielerische Übungen
Über die VR-Brille sollen die Patienten und Patientinnen Zugriff auf sogenannte Exergames haben. Die virtuellen Anwendungen kombinieren körperliche Aktivitäten mit digitalen Spielmechanismen. Mithilfe dieser spielerischen Übungen können die oberen Extremitäten sowie die kognitiven Fähigkeiten trainiert werden. Eine Kamera, die auf der VR-Brille angebracht ist, filmt die Bewegungen der Hände und blendet sie in das Spielgeschehen ein. Laut Paice seien die Spiele geeignet, um die neurologischen Fähigkeiten sowie die Koordination zu trainieren. Zum Training werden simple Spiele verwendet: «Die einfachste Form ist ein Quadrat, das in der Luft hängt und von den Patienten mit den Armen nachgezeichnet werden muss.» Eine andere Anwendung versetzt die Patienten und Patientinnen in einen Supermarkt, wo sie sich verschiedene Einkaufsartikel merken müssen.
Auch Angehörige sollen involviert werden
Mithilfe eines Sensors, der den individuellen Fingerabdruck erkennt, soll sichergestellt werden, dass die Übungen auch wirklich vom Patienten oder der Patientin gemacht werden. Die Daten werden anonymisiert erfasst und in einer gesicherten Cloud abgelegt. Der zuständige Physiotherapeut kann so zum Beispiel auch die korrekte Ausführung kontrollieren. Ermutigung, die Übungen auch wirklich zu machen, soll auch von anderer Seite kommen: «Die Angehörigen sollen per App Einsicht in den Trainingsfortschritt haben – sodass der oder die Physio nicht ständig mit erhobenem Finger ermahnen muss», erklärt Paice.
Die VR-Physio zielt mit den Exergames fürs Gedächtnis vor allem auf ältere Menschen ab. Paice: «Sie sind für ältere Patientinnen und Patienten leicht zu bedienen. Es ist nicht so kompliziert wie zum Beispiel ein Ego-Shooter.» Da im Alter immer mehr gesundheitliche Probleme auftreten, bringt das iHomeLab ihre technischen Kompetenzen vermehrt in der Gesundheitstechnologie ein, um älteren Menschen mithilfe von technischen Innovationen zu helfen. So nun auch bei der telemedizinischen VR-Brille. Die Rückmeldungen der Patienten aus den Feldversuchen der letzten zweieinhalb Jahre seien sehr positiv gewesen, so Paice. Wann die Tele-Rehab-Plattform in den medizinischen Alltag eingeführt wird, ist derweil noch unklar. Dennoch: «Die ins Projekt involvierten Projektpartner treiben das Unterfangen aktiv voran.»
Quelle:
Foto: Eine Person spielt ein Exergame mit der VR-Brille. zvg