Bielefelder Studentin forscht mit Probanden der Schachgemeinschaft Hücker-Aschen
Carolin Hainkes These: An der Augenbewegung lassen sich Entscheidungen, die auf einer visuellen Information beruhen, bereits ablesen, bevor sie aktiv umgesetzt werden. Die 27-Jährige forscht an Strategien zur Vereinfachung von Unterrichtsmethoden mit dem Ziel, Wissensvermittlung in der Berufswelt zu optimieren.
Für die Studie im Rahmen ihres Masters of Science im Studiengang »Intelligente Systeme« hat Hainkes sich Unterstützung bei der Schachgemeinschaft Hücker-Aschen geholt.
»Schach bietet sich für diese Forschung an, weil man auf viele Aufgabenstellungen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden zurückgreifen kann und die Probanden selbst unterschiedliche Spielniveaus haben«, erklärt die Bielefelder Studentin.
Ausgehend davon, dass eine Entscheidung daran abzulesen sei, dass der Mensch einen nützlichen Gegenstand und/oder einen möglichen Lösungsweg häufiger in Augenschein nimmt als andere sich bietende Möglichkeiten, ließe sich ein Kontrollsystem entwickeln, um zu schauen, wie sicher Probanden gelernte Inhalte verinnerlicht haben.
VR-Brille kommt zum Einsatz
Wenn es darum geht, in medizinischen Berufen Sicherheit zu erlangen, wird nicht gern am lebendigen Objekt experimentiert. Auch sind medizinische Materialien teuer. Hainke nennt ein Beispiel aus der Praxis: »Bei der Infusionsvorbereitung werden verschiedene Materialien gebraucht und ein bestimmter Ablauf ist festgelegt. Mit Hilfe einer VR-Brille (virtuelle Realität) lässt sich eine solche Situation simulieren und der Proband durchläuft das Schema. Anhand der Aufzeichnungen seiner Augenbewegungen können wir sehen, wie sicher sich derjenige seiner Handlungen war und wo es Nachbesserungsbedarf gibt.«
Anwendungsbereich in der Industrie
Ein weiterer Anwendungsbereich könnte die Industrie sein. Bei routinemäßigen Arbeitsgängen tauchten immer wieder Fehler auf. Augmented-Reality-Brillen (erweiterte Realität) könnten helfen, die Konzentration in entscheidenden Momenten aufrecht zu erhalten.
Von den insgesamt 30 Probanden zur Studie kommt ein Drittel aus der SG. »Ich habe schon Gelegenheitsspieler getestet und untersuche jetzt das Verhalten von Menschen, die regelmäßig spielen«, sagt Hainke. Natürlich werde auch das Niveau jedes Vereinsspielers in die Auswertung einbezogen. Hinzu kommen einige Fragen, die Aufschluss über die subjektive Handlungssicherheit der Studienteilnehmer geben sollen. Für die Studie bekommen die Teilnehmer eine VR-Brille mit virtuellen Schachsituationen. Aufgabe ist jeweils, den Gegner in einem Zug matt zu setzen und anzugeben, wie schwer man diese Aufgabe empfunden habe und ob man sich der Lösung sicher gewesen sei.
Elfjährige spielt seit erster Klasse Schach
Auch Liv macht mit. Die Elfjährige spielt seit der ersten Klasse Schach, hat in einer Schul-Arbeitsgemeinschaft begonnen und ist dann in den Verein eingetreten. »Das war wie in einer anderen Welt«, sagt die Schülerin über die virtuelle Realität und weist auch gleich auf etwas hin, das sicher für viele Teilnehmer der Studie gilt und von Carolin Hainkes entsprechend in der Auswertung zu berücksichtigen ist: »Ich habe in dieser außergewöhnlichen Situation wohl etwas anders reagiert, als ich es im echten Leben getan hätte.« Bei späterer Anwendung der VR-Methode ist es also auch die Routine in der Nutzung der virtuellen Simulation, die zum Erfolg beiträgt.
Quelle:
Von Daniela Dembert
Foto: Liv (11) sitzt vor einer virtuellen Spielsituation. Ihre Aufgabe lautet: Schachmatt in einem Zug. Wie sicher sich die Schülerin ihrer Handlung ist, will Carolin Hainke aus der Augenbewegung ablesen. Die 27-Jährige forscht an Strategien zur Vereinfachung von Unterrichtsmethoden.
https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Herford/Spenge/4001566-Bielefelder-Studentin-forscht-mit-Probanden-der-Schachgemeinschaft-Huecker-Aschen-Wenn-das-Auge-das-Tun-verraet